Donnerstag, 2. Mai 2024

Wenn Kinder musizieren …

…, dann hat das etwas Keusches an sich. Etwas Reines, abhold jedweden Strebens nach Perfektion und Ruhm und nach eigenem Gestaltungsdrang. Die Tasten richtig treffen, das ist das Ziel. Sie, werte Leser, haben es bestimmt erkannt: Ich schreibe hier von einem Klavierkonzert, genauer, einem Kinder-Klavierkonzert. Und schon habe ich mich widersprochen. Denn mit fortschreitendem Alter der Kinder in den Jugendbereich hinein spürte man dann doch so etwas wie Perfektion und sogar Gestaltungsdrang, steht im Programm hinter Lunas Interpretation von I like the Seasons doch tatsächlich der Vermerk „eigene Fassung“.

Hier stellt ein Klavierlehrer der Musikschule Ingolstadt, Joachim Scheibl, seine Schüler dem Publikum vor, genauer den Eltern, Geschwistern und Großeltern. Diese Schule übt ihre segensreiche Tätigkeit seit 50 Jahren aus. Blockflöte und Singen waren die ersten Angebote. Schon ein Jahr später wurden die Instrumentenlehrgänge ausgeweitet, auch für Klavier. Und weil dieses Instrument so vielfältig ist, bietet es sich an zu einem umfassenden Konzert. Gemeint ist hier aber kein „ganzes“ Klavierkonzert, sondern viele Klavierstücke, gespielt von kaum dem Kindergartenalter entwachsenen Kids bis zu Jugendlichen, die schon das Abitur im Blickfeld haben.

Der Lehrer hat als einleitende Worte seine Mädchen und Buben aufgemuntert: „Spielt drauf los. Ich springe ein, wenn es mal hapert.“ Es war interessant, zu verfolgen, wie sich die Sicherheit der Interpretationen mit dem Alter bei den 23 Interpretinnen und Interpreten mehr und mehr einstellte. Die Vielfalt der meistens leicht nachsummbaren Ohrwürmer mündete aber dann zum Schluss doch in einen Moment der Stille, der Konzentration auf perlende Noten, die sich in akustisch abklingenden Akkorden ins Nichts verabschiedeten. Ilan hat die Nocturne, Op. 9 Nr 1, b-Moll von Frédérik Chopin so gespielt, dass man dabei an den traditionsreichen Musikwettbewerb "Jugend musiziert" denken konnte. 

Als letztes Stück, so eine Art Rausschmeißer, spielten Hannah und Lina zweihändig Big Bill‘s Boogie (J. Michael Nuyten). Ganz schön fetzig, ja rockig. Eben der Jugend, die hier so unterhaltend musiziert hat, entsprechend. Dem Auditorium hat das gesamte Konzert bestimmt vom ersten Ton aus der Sonatine G-Dur, 1. Satz (Ludwig van Beethoven) an, gespielt von Nele, bis zum letzten Fortissimo-Akkord des Rausschmeißerduos gefallen.

Und das waren die Protagonisten dieses schönen Konzerts: Nele Fischer, Jonathan Fenner, Emma Schleicher, Valentina Baur, Sophia Zimmermann, Adelia Bucur, Lena Stelz, Luna Oehmig, Asude Özgen (mit einer starken Linken), Ceyda Özgen, Milan Matasic, Feline Schwarz, Lea Gottschalk, Leonie Potche (mutig und sehr gut für so spärliches Üben, weiß der Opa) Lukas Mayer, Luis Escalona Müller, Magdalena Dorbert, Greta Fenner, Hannah Potche, Mark Garkuscha, Ilan Marsiglia und Lina Schneider. Wer von ihnen am kommenden Sonntag, 5. Mai, wenn die städtische Simon-Mayr-Sing und Musikschule ihren 50. Geburtstag feiert, um 17 Uhr auf der Bühne des Festsaals im Stadttheater dabei sein wird, hat Klavierlehrer Joachim Scheibl nicht bekanntgegeben. Verdient hätten sie es alle. 

Anton Potche

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