Das
Dorf Jahrmarkt im Banat hatte nicht viele dort geborene
Schriftsteller. Mit Franz Frombach (1929 - 1999) und Marianne
Ebner (1920 - 2007) war diese Kultursparte in der alten Heimat
eigentlich abgedeckt. Dazu kommen noch zwei damals hinzugezogene
Literaten: Aegidius (auch Egidius) Haupt (1861 –
1930) und Hans Pape (1919 – 2009). Zählt man die aus
Jahrmarkt stammenden und heute in Deutschland lebenden Literaten
(Autoren & Kritiker & Feuilletonisten) Luzian Geier
(*1948), Peter Grosz (1947 - 2024) und Katharina Kilzer
(*1959) sowie den vor einem Jahr in Erscheinung getretenen Romanautor
Mathias Kaiser (*1959) dazu, so kann man das einerseits rein
zahlenmäßig bei ca. 5000 Einwohnern als bescheiden und andererseits
in Anbetracht der nicht besonders literaturaffinen Landbewohner als
durchaus guten Schnitt darstellen.
Berta Kácser FotoQuelle: Verlag marsTT |
Mag. Dr. Susanne Blumesberger
von der Universität Wien hat sich eingehender mit Berta und
Leopold Kácser befasst. Ihre Forschungsarbeit hat sie unter
den Titel Berta Katscher – Einblicke in ihr Leben
und Schreiben gestellt. Kácser ist die ungarische
Schreibweise von Katscher. Es gibt noch andere ungarisch
gefärbte Schriftarten dieses Namens. Schließlich lebte sie in der
Zeit der Magyarisierung. Sie war aber keine regional festzumachende
Persönlichkeit, sondern eindeutig eine Weltbürgerin. Ihre
Jugendjahre verbrachte sie in Ungarn, der Türkei und in der
Herzegowina, um nach ihrer Heirat in London, Berlin, Baden bei Wien,
Wien und Budapest zu leben. Also eine Kosmopolitin par excellence.
Das kann man nicht nur aus ihrer Biografie sondern auch aus ihrem
Œvre schließen. Sie hat
journalistische Texte, Reiseberichte, Buchkritiken, Übersetzungen
aus dem Englischen und Ungarischen, ethnographische Skizzen und
andere Feuilletonbeiträge hinterlassen.
Roman von Berta Katscher FotoQuelle: WIKIPEDIA |
Eine besondere Bedeutung misst
Susanne Blumesberger der Beziehung zwischen der Familie
Katscher und der Pazifistin, Friedensforscherin,
Schriftstellerin und erste Friedensnobelpreisträgerin überhaupt
(1905), Bertha von Suttner, bei. „Bertha von Suttner
war Rednerin und Teilnehmerin an allen Weltfriedenskongressen, in
internationalen Diskussionsforen und interparlamentarischen
Konferenzen“, schreibt die Literaturwissenschaftlerin.
Es gibt in Berta Katschers
Schriften auch Texte, die einen lesenden Banater Schwaben unschwer an
die Weite der Banater Heide, die auch eine gewisse Sehnsucht nach
Ferne impliziert, denken oder sich erinnern lassen. In der Erzählung
für Kinder Guck-in-die-Welt, ist zum Beispiel die Rede von
Jancsi (Hansi), der „in einer einfachen Bauernfamilie mit
zahlreichen Geschwistern im Flachland Ungarns“ aufwächst. In der
Erzählung Die Lebensretterin „ist das Stadtkind Elschen zu
Besuch bei seinem strengen Onkel am Bauernhof und verübt dort
zahlreiche Streiche“.
Das sind eigentlich Indizien dafür,
dass Berta Katscher das Leben auf dem Lande um
Temeswar kannte. Und wenn ich jetzt Susanne Blumesbergers
Forschungsarbeit verlasse und mich dem eingangs zitierten Artikel
aus der Temesvarer Zeitung vom 19. September 1903
zuwende, dann fühle ich mich in dieser Annahme bestätigt. Da kann
man anlässlich Berta Katschers Tod nämlich lesen: „Die
Verstorbene war eine Temesvárerin von Geburt, eine Schwester des
hiesigen Journalisten Herrn Romulus Kácser, dem aus diesem Anlasse
zahlreiche Beileidskundgebungen zugegangen sind. Ihre Jugendjahre
verbrachte sie theils hier, theils in Temes=Gyarmatha und Bálincs,
wo sie Verwandte und Freunde besaß, die jetzt mit aufrichtiger
Trauer die Nachricht von dem Ableben der genialen Frau vernehmen
werden.“
Sollten aber jemand berechtigte
Zweifel an dem Mädchennamen Bertas, nämlich Katscher,
(Vater: Joseph Katscher, Mutter: Therese Blumgrund) und
dem ihres Ehemannes, auch Katscher, aufkommen, dem sei die
Forschungsarbeit Susanne Blumesbergers empfohlen. Dort
heißt es nämlich im 2. Kapitel: „[…] ihr Mann, ihr Cousin
Leopold Katscher (1853 – 1939), den sie am 17. Mai 1881 in der
Synagoge von Temesvár/Timișoara heiratete, war
stolz darauf, eine Schriftstellerin zur
Frau zu haben.”
Anton Potche
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