Mittwoch, 20. November 2024

E Johrmarker Onsager im DEITSCHLANDFUNK


Wann is merr iwerhaupt e Johrmarker? Muss merr in Johrmark gebor sein, um sich Johrmarker zu nenne? Odder langt ‘s, wann merr in Temeswar gebor is, awwer die Eltre, Großeltre (odder wenichstens e Taal davun) und die Urgukandl, in dem Dorf nordwestlich vun Temeswar seit ewiche Zeide gelebt hun? Ich moon, entscheidend is, wie merr dazu steht.

Dass es grad e Musikant is, der wu sich ohne Scheu zu seiner Johrmarker Abstammung bekennt, werd wohl nimand un schun längst net die unner uns, die wu selwer schun Kinn, Engelskinn un Urengelcher hun, verwunnre. Der Mann, vun dem wu ich do schreib, is selwer schun iwer 40, un wann mer in Johrmark geblieb wäre, wär der Musikant heit e Onsager uf oom vun de Musikantebäler, odder sogar uf alle zwaa. Merr waaß jo nie, was die Zeit so alles mit sich bringt.

Uf die Idee wär ich nateerlich gar net kumm, wann mer net e Kummrad aus meiner Johrmarker Nochberschaft un Schulzeit e Link fun ‘re Radiosendung vum DEITSCHLANDFUNK gschickt hätt. Er hot bloß dazu gschrieb: „Ich denke, dieser Link könnte dich interessieren. Viel Spaß. Ignatz.“ Zis și făcut, saat de Rumäner, wann etwas ka Aufschub vertraat. Ich hun dee Link angeklickt un glei uf der eerscht Seit geles, um was es sich do handelt: „Die Tuba ist Instrument des Jahres 2024. Sie sei >ein vollwertiges Soloinstrument<, sagt Siegfried Jung. In Klassik-Pop-et cetera stellt er ihre Bandbreite vor und unterstreicht vor allem die zarten Seiten des Tieftöners.“

Mer Johrmarker vun anno dazumal wisse noch genau, wie des war, wann die Blechmusikkapelle mit ehrer letzt Reih Bäss dorch die Dorfgasse marscheert sin. Dort is ka Gras meh gewachs, besonders bei de Spitziche. Un jetz die Benennung forr de Bass: „die zarten Seiten des Tieftöners“. Ich hun sofort meiner Fraa geruf un em gsaat, dass ich forr die nächste 54 Minutte un 5 Sekunde net erreichbar sin, ganz gleich wer onruft. So lang werd die Sendung nämlich daure, hot ‘s dort gschrieb gstann.

Asso ich muss des glei klorstelle, dass ka Missverständnisse entstehn. Wie ich so in die Sendung ninghorcht hun, is mer glei ufgfall, dass es net norr um ‘s Bassblose geht, sondern aah um de Wech, der wu zu so ‘me große un schwere Blechinstrument feehrt, un dass de Siegfried Jung die ganz Sendung onsoon werd, so wie selmols vor langer, langer Zeit die Onsagerinne un Onsager uf der Biehne im Johrmarker Kamin des aah gemach hun. Norr is des do schun, soon merr mol, e klooni Klass besser. Awwer des macht jo nicks, es Kamin is jo aah net de DEITSCHLANDFUNK un die Onsager vun selmols sin aah net gleichzusetze mit de Moderatore vun heit. Awwer trotzdem hat ich so beim Horche de Eindruck ghat, dass de Jung Sig jun., so meecht er heit in Johrmark genennt wärre, die Fußstapfe vun de Johrmarker Onsager doch etwas ausgetret hot – im gude Sinn, nateerlich.

Walter Hilgers dirigiert die
Philharmonie George Enescu.
Solist an der Tuba ist
Siegfried Jung.
Ich meecht jetz net die ganz Moderation protokolleere, sondern norr e korze Iwerblick iwer die Sendung gewwe, handelt es sich doch in dem Fall um e Johrmarker Landsmann. Wer des waaß, werd sich aah net wunnre, wann die Sendung mi ‘me Blechmusikstick vum Ernst Mosch onfangt. De Siegfried Jung verzählt no vun seim musikalische Werdegang, der wu alles annre als gradlinich war. Es is schun bemerkenswert, wie de Siegfried (als Johrmarker därf ich ne bestimmt beim Vornome nenne, ohne dass er sich ärjert) sei Wech in die professionell Musikwelt mit familiäre Ereignisse un em Versuch, sei Instrument als mit annre Instrumente gleichwertiches zu etableere, schildert. Ich moon, des is ehm sehr gut gelung.

Ich waaß net, wie lang die Sendung noch beim DEITSCHLANDFUNK abrufbar is, awwer momentan steht se noch im Internet. Es zahlt sich wirklich aus, se sich onzuhorche. Un zwar do: https://www.deutschlandfunk.de/klassik-pop-et-cetera-100.html .

Montag, 18. November 2024

Präsidentschaftswahl in Rumänien

Rumäniens deutscher Staatspräsident, Werner Klaus Johannis, hat seit 10 Jahren das höchste Amt im Staat inne. Und er ist nicht der erste deutsche Regent im weiteren Sinne des Wortes in Rumänien. Seine deutschen Vorgänger waren König Carol I. (1881 – 1914), König Ferdinand I. (1914 – 1927), König Michael I. (1927 – 1930 / 1940 – 1944/1947) und König Carol II. (1930 – 1940). Auf vier Herrscher aus der Sigmaringer Linie der Hohenzollern folgte also ein waschechter Siebenbürger Sachse (2014 - 2024). Und der wird jetzt sein Amt niederlegen, weil es so in der rumänischen Verfassung festgeschrieben ist.

Am kommenden Sonntag, dem 24. November 2024 wird gewählt. Sage und schreibe 14 (vierzehn) Kandidaten bewerben sich um das Amt, unter ihnen drei Frauen. Alle Kandidaten sind ehemalige oder aktive Politiker. Die größten Chancen haben die zwei führenden Köpfe der PSD, der Sozialdemokrat Marcel Ciolacu, und der PNL, der Nationalliberale Nicolae Ciucă. Die zwei politischen Schwergewichte haben sich bisher im Amt des Premierministers abgewechselt: Ciucă von 2020 bis 2023 und Ciolacu von 2023 bis jetzt. (Das war eigentlich eine Idee Johannis’, die immerhin zeigt, wie Demokratie in Krisenzeiten funktionieren kann.) Der 56jährige Marcel Ciolacu hat sich durch viele Partei– und Verwaltungsämter hochgedient, während der gleichaltrige Nicolae Ciucă eine beeindruckende militärische Karriere, inklusive Verteidigungsminister, hinter sich hat.

Sucht man nach bekannten Namen von eventuellen Konkurrenten der beiden, so stößt man auf den Politprofi Ludovic Orban und den ehemaligen stellvertretenden Generalsekretär der NATO Mircea Geoană. Nach den letzten Umfragewerten sind aber ganz andere Kandidaten im Blickfeld der Wählerschaft. Nach Marcel Ciolacu (30%) und Nicolae Ciucă (18%) werden George Simion (AUR – Allianz zur Vereinigung der Rumänen) mit 17% und Elena Lasconi (USR – Union Rettet Rumänien) mit 14% genannt. Erst dann folgt der Unabhängige Mircea Geoană mit 7%. Die Umfrage wurde vom Institut CIRA (The Center for International Research and Analyses ) bei 1040 Personen durchgeführt und war vom Fernsehsender ProTV in Auftrag gegeben worden.

Bis zur Präsidentenwahl ist immerhin noch eine Woche Zeit und da kann noch einiges passieren. Es sieht auf jeden Fall nach einer Stichwahl aus. Die wird dann am 8. Dezember abgehalten. Und weil dazwischen noch die Parlamentswahlen liegen – am 1. Dezember, dem Nationalfeiertag Rumäniens; das muss man erst mal fertigbringen –, dürfen die Rumänen sich auf einen spannenden Spätherbst freuen.
Anton Potche

Montag, 4. November 2024

Kloone Keeniche im Jammertal

 - Gedicht im Johrmarker Dialekt -


Die Mensche jammre,

weil se mit Scheiklappe schaue.

Wann ’s um Geld un Wohlstand geht,

glanze neidisch ehre Aue.


„Dem geht ’s gut,

der hot meh wie ich.

Mit mer, norr mit mer

is unser Herrgott ungerecht.“


Schaut Nachrichte, Leit,

oomol am Tach:

Es gebt Millione Mensche,

forr die is immer Naacht.


Wer sich mit dee vergleiche will,

werd schnell erkenne:

E jeder vun uns

is e klooner Keenich.



[Uf der Schanz, 15.12.1995]

Berns Toni


Lesung uf YouTube


Donnerstag, 31. Oktober 2024

Oktober 2024 – Giarmata in den Medien

Der Bürgermeister im Interview
aus CONSTRUCT-INTELLIGENCE.ro; 02.10.2024
Der alte und neue Bürgermeister Claudiu Mihălceanu hat dem Wirtschaftsportal CONSTRUCT-INTELLIGENCE ein ausführliches Interview gegeben, in dem es um Politik und Wirtschaftsfaktoren geht. Schon in der ersten Stellungnahme kommt der Bürgermeister nicht umhin, die „Maßnahmen der Regierung”, die Bremsspuren auch bei den Infrastrukturmaßnahmen Giarmatas hinterlassen, zu kritisieren: „Projekte aus europäischen Investitionsfonds werden sistiert oder verzögert.” Er beanstandet im weiteren Gespräch „die Einhaltung der Verträge, die schwerfällige Gesetzgebung, die Qualität der Projektanten” und nicht zuletzt die holpernde „Kontrolle seitens der öffentlichen Funktionäre”.
+ + + Da kann man sich schon fragen, ob der Bürgermeister hier nicht auch von seinen eigenen Aufgaben spricht. Er ist nun mal auch ein Funktionär der öffentlichen Hand. + + +

Farbenfreude in Giarmata
aus TimișPlus.ro, Timişoara / Temeswar, 02.10.2024
Foto: TimișPlus.ro
Das Sunscap Festival ist am 1. Oktober in Timișoara und Giarmata zu Ende gegangen. Bei dem Kunstfestival haben auch Künstler aus Bulgarien und Ungarn teilgenommen. Am meisten hat anscheinend Giarmata von der Nachhaltigkeit dieses Festivals, das am 20. September begonnen hatte, profitiert. Drei Gebäude in der Gemeinde wurden mit ansprechenden Fassadenbildern bemahlt. Auch der Kindergarten im Primăverii-Viertel hat ein freundliches Gesicht bekommen. (Foto)
+ + + Schön! + + +

Großflächiger Stromausfall
aus TION.ro, Timișoara / Temeswar, 14.10.2024
- Die Stromlieferfirma Rețele Electrice Banat teilt mit, dass sie bestrebt ist, je weniger Stromunterbrechungen den Kunden zuzumuten. Trotzdem geht es nicht ohne Reparaturarbeiten in Timișoara und im Landkreis Timiș in der Zeitspanne 14. bis 20. Oktober. Giarmata ist am 17. Oktober von 9:00 bis 17:00 Uhr betroffen.
Noch nicht alle haben gewechselt.
- Das Wechselspiel in der rumänischen Politik geht munter weiter. Und nicht wenige Kommunalpolitiker machen frohgemut mit. Auch aus Giarmata. Die Temescher Nationalliberalen (PNL) haben in einem Eilverfahren 200 Mitglieder aus der Partei Starkes Rumänien (PRP) übernommen. Das ist die gesamte Kreisorganisation dieser Partei. Vasile Blaga, der interimistische Vorsitzende des PNL-Kreisverbandes Timiș, gab bekannt, dass es sich bei dem Vorgang um eine Fusion durch Absorbtion (fuziune prin absorbție) handelt. Beim Sitz der PNL waren zur Fusion durch Absorbtion auch zwei Giarmataer Politiker gekommen: Marcel Fonta und Daniel Chirilă.

Es kann losgehen
aus TION.ro, Timișoara / Temeswar, 16.10.2024
Der Kreisrat Timiș / Temesch hat die Arbeiten zur Ertüchtigung der Landstraße DJ 691 von Giarmata bis zur Grenze mit dem Landkreis Arad ausgeschrieben. Die zu reparierende Straße führt durch die Ortschaften Pișchia, Fibiș, Mașloc und Alioș. Die Strecke beträgt 29 km und die Arbeiten sollen 100 Millionen Lei kosten.
+ + + Hoffentlich findet man auf Anhieb den richtigen Straßenbauer und nicht wie bei dem Bauabschnitt Timișoara - Giarmata. + + +
Fertig
- In Giarmata sind Halle und Freifläche für die Müllentsorgung der nicht verwertbaren Abfälle fertig. Sie wurden im Industriegebiet der Gemeinde errichtet und durch ein Regierungsprogramm mit rund 5 Millionen Lei bezuschusst. Jetzt wartet man nur noch auf die 15 Müllkontainer.
+ + + Na es werd jo ka Ewichkeit daure. + + +

Sattgeschossen
aus SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 19.10.2024
Fußball - Liga V Timiș – Serie II – 10. Spieltag
Unirea CerneteazViitorul Ionel  17:0
Tabelle: 12  Unirea Cerneteaz  12
+ + + Ob die Homepage-Macher sich do net verschrieb hun? + + +

Unfall bei der Einfahrt in Giarmata
aus BanatulMeu.ro, Timişoara / Temeswar; 21.10.2024
Auf der Landstraße DJ 691 hat sich ein Pkw von Pișchia kommend bei der Einfahrt in Giarmata überschlagen. Alle drei Insassen wurden verletzt: Großvater, Tochter und Enkel im Alter von 4 Jahren.

Escheck
aus SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 22.10.2024
Fußball - Promoţie Timiș - Seria III Municipal 1 Timişoara - 6. Spieltag
Gloria 3 Moșnița Nouă– Millenium 2 Giarmata  4:1
Tabellenplatz: 5  Millenium 2 Giarmata  9
 
11 von 15
aus PrimăriaGiarmata - FACEBOOK, Giarmata / Jahrmarkt, 24.10.2024
- Der neue Gemeinderat von Giarmata wurde am vergangenen Donnerstag, 24. Oktober, instituiert. Die am 9. Juni gewählten Gemeinderäte haben den Eid auf Bibel und Verfassung abgelegt. Nur der alte – neue Gemeinderat Gligor, Lucian Elon wollte seine Schwurformel nicht mit der Hand auf der Bibel sagen.
- Der Gemeinderat hat 15 Mitglieder. Die meisten von ihnen üben ihr zweites – einige sogar ihr drittes oder gar viertes – Mandat aus. Und das sind die Damen und Herren, die die Geschicke Giarmatas in den nächsten vier Jahren leiten sollen:
-  1.) Badea, Constantin
-  2.) Berta, Daniel Andrei
-  3.) Bodiu, Gheorghe
-  4.) Bota, Luca
-  5.) Bronț, Alexandru Sorin
-  6.) Bunescu, Virgil
-  7.) Gligor, Lucian Elon
-  8.) Martin, Iulian
-  9.) Secuianu, Petru Mihail
- 10.) Tiuch, Lenuța
- 11.) Tomoiagă, Marcel Sandu
- 12.)
- 13.)
- 14.)
- 15.)
- Der neue Bürgermeister ist auch der alte: Claudiu Mihălceanu. Auch er hat den Eid auf Bibel und Verfassung abgelegt und sich die Bürgermeisterschärpe umlegen lassen. Er ist jetzt zwar im Bürgermeisteramt, hat aber noch kein Gemeinderatsmandat.
+ + +  Da scheint etwas schiefgelaufen zu sein. Die vier nicht vereidigten Gemeinderäte haben ein Verfahren beim Zivilgericht in Timișoara am Hals. Was das wohl sein könnte? Die Namen der vier Gemeindepolitiker sind: Mihălceanu, Claudiu; Mărgineanu, Larisa; Lingurar, Florin Călin und Jurabla, Gheorghe.  + + +

Auswärtssieg
aus SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 26.10.2024
Fußball – D-Liga  – Timiș / Temesch - 11. Spieltag
CS Flacăra Parța - CS Millenium Giarmata  0:1
Torschützen: Sebastian Stoica (Min. 68)
Tabellenplatz: 6  CS Millenium Giarmata  17
Der Giarmataer Trainer Daniel Moraru sagte nach dem Spiel: „Ein Sieg, der mit viel Hingabe, Ambition und einer sehr guten Organisation erlangt wurde, gegen eine sehr gute Mannschaft, die bestrebt ist, einen Qualitätsfußball für dieses Niveau zu spielen.”
+ + + Bei einem Sieg findet man leichter lobende Worte für den Gegner. + + +

Sattgeschossen
aus SportTim.ro, Timişoara / Temeswar; 27.10.2024
Fußball - Liga V Timiș – Serie II – 11. Spieltag
CSC Iecea Mare – CS Unirea Cerneteaz  1:4
Tabelle: 8  Unirea Cerneteaz  15
+ + + Genau in der Mitte der Tabelle. + + +

Kurz und bündig
aus PrimăriaGiarmata - FACEBOOK, Giarmata / Jahrmarkt, 30.10.2024
- Die zweite Sitzung des Giarmataer Gemeinderats in diesem Monat dauerte nur eine Viertelstunde, obwohl neun Punkte auf der Tagesordnung standen. Das liegt anscheinend an einem neuen Ablaufmodus: Die Themen werden zwar in den Fachausschüssen (comisii de specialitate) – Stadtplanung, Haushalt & Finanzen, Recht - behandelt, aber in der Gemeinderatssitzung nicht mehr diskutiert, sondern von den Gemeinderäten genehmigt oder abgelehnt. Bei den Tagesordnungspunkten gab es nur eine Enthaltung. Trotzdem konnte man als Zaungast einiges aus dem Gemeindeleben mitbekommen.
- Die Baptistengemeinde Emmanuel baut in Giarmata eine Kirche und hat um finanzielle Unterstützung gebeten und diese auch bekommen.
- Auch die orthodoxe Kirche Sf. Nicolae in Cerneteaz hat eine Finanzspritze beantragt. Auch ihr Antrag wurde positiv beschieden – einstimmig, wie das Gesuch der Baptisten.
- Ein Bürger will auf einer Fläche von 11.600 m² eine Firma errichten. Ein anderer will ein Grundstück von der Gemeinde erwerben. Geht alles: Firma und Grundstück.
- Diesmal war auch Bürgermeister Claudiu Mihălceanu in der Sitzung.
+ + + Es waren „nur” 11 Gemeinderäte anwesend ... plus der Bürgermeister mit seiner Doppelfunktion. Von den anderen drei wurde kein Wort fallen gelassen. + + +

Montag, 21. Oktober 2024

Kunst aus Siebenbürgen

Der Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberbayern Nord & Ingolstadt (BKK) e. V. ist ein sehr aktiver Künstlerverein. Einzel- und Gruppenausstellungen sowie diverse Kunstmessen zeugen von der regen Tätigkeit der Berufskünstler aus Oberbayern. Auch zwei Kunstschaffende aus Ingolstadt mit Siebenbürger Wurzeln gehören dem Verband an und erscheinen immer wieder mit ihren Werken in Galerien und im öffentlichen Raum: Lucian Binder-Catana (Druckgrafik, Malerei, Video, Zeichnung) und Sieglinde Bottesch (Druckgrafik, Malerei, Objekkunst, Zeichnung).

Beide haben ihre geografische Abstammung nicht vergessen und pflegen rege Kontakte zu Künstlern und Künstlervereinigungen in Siebenbürgen / Rumänien. Diese Beschäftigung mit der Vergangenheit hat Lucian Binder-Catana auf die Idee gebracht, Kunst aus Hermannstadt / Sibiu und der Umgebung auch in Ingolstadt zu zeigen. Zum Verwirklichen dieser Idee war der Professor an der Kunsthochschule Sibiu Florin Viorel der richtige Ansprechpartner. Es kam zur Zusammenarbeit. Unterstützt wurde die Aktion von rumänischer Seite von der Uniunea Artiștilor Plastici din România - Sibiu (Union der Bildenden Künstler aus Rumänien - Sibiu). Es soll perspektivisch (wahrscheinlich nächstes Jahr) zu einem Austausch zwischen Hermannstadt / Sibiu und Ingolstadt kommen.

Fotos: Anton Potche
Und das Ergebnis ist jetzt in dem Gemäuer der früheren Landesfestung Ingolstadt, als Kunsthort bekannt und beliebt (auch für Musikveranstaltungen und natürlich Vernis- und Finissagen), zu besichtigen. Die Hängung haben Lucian Binder-Catana und Florin Viorel vorgenommen. (So etwas lässt sich ein Künstler natürlich nicht entgehen.) Die Werke hängen im geschützten Raum, aber die Namen ihrer Schöpfer werden schon auf dem Ausstellungsplakat im Freien angekündigt: Daniela Bădilă, Olimpia Coman-Sibeanu, Ilie Mitrea, Ioan Munteanu, Raluca Oros, Radu Poșa, Virginia Ștef, Andrei Szabo, Andra Urdea, Florin Viorel.

Betritt man die Bastei ist man sofort von der Größe der gezeigten Werke eingenommen. Bitte nicht zu nahe kommen, scheinen die großflächigen Malereien und Bildinstallationen dem Eintretenden zuzurufen. Wer dann wirklich mit einer gewissem Demut der Kunst im wahren Sinn des Wortes fern bleibt, wird reichlich belohnt. Und nimmt man sich auch noch genügend Zeit, um die Werke zu betrachten, wird man erst recht mitbekommen, wie die Farben fließen, sich übereinander türmen, als wären es schäumende Wellenkämme. Was diese Bilder darstellen? Jeder Betrachter hat das Recht sie für sich in seinem Sinn zu interpretieren.

ECLECTIC LAND 7
Nur wenige Schritte weiter hängt das Bild von Florin Viorel. Fließende Farben auch hier. Aber andere. Keine Verwässerung. Lila und Gelb und Braun und … Grenzlinien. Ein Satellitenbild. Unten die Reste eines verfallenen Holzzaunes. Nähe von Menschen? Und besonders die Leiter. Sie ragt aus dem Bild heraus. Das ist mehr als nur ein Bild mit betörend schönen Farben. Das ist eine Installation. Eine Bildinstallation. Sie hat wie alle Kunstwerke in Ausstellungen – oder zumindest die meisten – auch einen Namen: ECLECTIC LAND 7.

Gina Ștef: LOST TWO 
Bei den Farben dominieren Öl und Acryl auf Leinwand. Die klassischen Materialien für Maler. In beeindruckenden Posen sind Adam und Eva mittels dieser Malutensilien von Daniela Bădilă dargestellt. Das ist eine wunderbare Kombination von Religion und Erotik auf zwei Bildern. Aber nicht nur klassische Malerei, auch großformatige, bildähnliche Werke aus Kupfer und Graublech sind zu bewundern. Oder eine wunderbare Fotocollage von Gina Ștef. Und vieles mehr.

Zukünftige Erinnerungen aus Siebenbürgen heißt diese gelungene Ausstellung (bis zum 3. November 2024) in der Harderbastei, Oberer Graben 55, Ingolstadt. Der Titel dieser etwas fremd anmutenden Kunstpräsentation erinnert mich an Erich von Dänikens Erinnerungen an die Zukunft. Man muss nur seinen Gedanken freien Zutritt zu Magie und Realismus gewähren, und schon bekommt man ein Kunsterlebnis ersten Ranges geboten. Kostenlos.

Anton Potche